Familie

Familie ist etwas seltsames. Da sieht man sich seit fünfzehn Jahren wieder, und alles ist anders. Und doch ist alles gleich geblieben. Die Onkels sind grauer und haarloser als früher, aber ich habe sie wiedererkannt. Dieselben blöden Sprüche, die hin und hergehen, dieselben Witze. Eine Menge Neugier gegenüber der verlorenen Tochter des Bruders, die man so lange nicht gesehen hat. Das ehemals schwarze Schaf ist in den Augen der anderen im Laufe der Jahre etwas weißer geworden.

Neugierige Fragen über mein Leben. Erklären, beschreiben, hoffen, daß es verstanden wird, denn der Lebensweg ist nicht der Norm entsprechend. Gelassenheit den anderen und ihren Macken gegenüber, denn man selbst ist erwachsen geworden. Unmerklich. Aber deutlich zu spüren bei diesem Treffen. Viele Dinge kratzen mich nicht mehr so wie früher. Aber ich werde auf angenehme Art und Weise in Ruhe gelassen. Alles wissen sie nicht von mir, nur das allgemein tragbare. Und das ist schon genug, um für Gesprächsstoff zu sorgen.

Hinter meinem Rücken wird viel geredet, als ich nicht mehr da war. Das weiß ich, weil mir auch viel über die anderen angetragen worden ist, als diese nicht im Raum waren. Aber sie haben nichts über mich in der Hand, was mich verletzen könnte.  Allgemeines Gerede über die anderen, Gehetze von meinem Vater, als wir mal alleine sind, all das macht mich ein wenig traurig. Es scheint, als ob die Geschwister nicht wissen, was sie wirklich aneinander haben, so wie sie miteinander umgehen. Sie sehen sich, nehmen sich gegenseitig freundschaftlich auf den Arm, aber hinter dem Rücken werden dann böse Dinge gesagt. Ich will das eigentlich alles gar nicht hören. Ich will meine Onkels in guter Erinnerung behalten, so wie sie mich auch behandelt haben. Man verabschiedet sich herzlich, als ob nichts davon ihre Lippen verlassen hätte und erwartet das nächste Treffen in einem Jahr, bei dem ich dann dieses Mal wieder dabeisein werde.

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