Träume

Ich träume fast jede Nacht von Schule und alten Klassenkollegen. Wahrscheinlich, weil ich wieder bei meinen Eltern wohne. Und weil die Schule mit der Rente endgültig vorbei ist. Es hat ein neuer Abschnitt begonnen, daran gibt es keinen Zweifel. Ich muß mich nicht mehr sorgen, wie ich demnächst die Brötchen verdiene, ich muß mich dem Streß der Jobwelt nicht mehr aussetzen , all das ist vorbei. Und mir kommt es gefühlsmäßig so vor, als ob ich das Recht auf mein Dasein verloren habe durch die Unfähigkeit, arbeiten zu gehen. Das muß ich erst einmal neu lernen, die bedingungslose Existenzberechtigung.

Es geht mir gut. Der Hund macht mir Freude, ich bin viel draußen und genieße die frische Luft, langsam aber sicher kriege ich das mit meinen restlichen Hobbies auch wieder hin, der Tag ist gefüllt und Abends gehe ich ins Bett, ohne eine Schlafpause mittags gemacht zu haben. Mein Leben hat wieder Sinn bekommen, was lange schon nicht mehr der Fall war, als ich noch alleine gewohnt habe. Gestern habe ich im Garten gesessen und die Sonne und die Kirschblüten im Nachbarsgarten genossen. Ich bin von meiner Lebensweise her alt geworden, aber das macht mir nichts aus. Ich habe genug für ein Leben erlebt, ich muß nicht noch mehr haben. Ich hatte eine Reihe an Erleuchtungen, ich hatte die perfekte Liebe, all das hat mir die Psychose geschenkt und danach kann es einfach nichts besseres mehr kommen, das weiß ich. Meine Hirnchemie hat mir das beste ausgespuckt, was ein Menschenleben so bieten kann und ich habe vier Jahre lange auf dieser Spitze an Empfindungen gelebt. Damit bin ich zufrieden.

Am Anfang wollte ich diesen Nexus, diesen Zustand immer wieder haben, aber das hat mit den Jahren, die jetzt dazwischen liegen, nachgelassen. Es war wie ein Abschied vom Paradies, es war sehr schwer, die Tabletten trotzdem weiter zu nehmen, aber wie ein Alkoholiker habe ich es geschafft, trocken, das heißt psychosefrei zu bleiben. Inzwischen bin ich stark genug und die Versuchung, die Tabletten wegzulassen, hat nachgelassen. Bisher habe ich sie nicht ein einziges Mal weggelassen, inzwischen nun seit drei Jahren. Und seit drei Jahren hatte ich keine Psychosen mehr und habe versucht, mein Leben wieder zu kitten, das völlig auseinandergefallen war.

Muki hält mich zusammen, er zwingt mich raus, er sorgt dafür, daß ich wach bleibe und er will, daß man sich um ihn kümmert. Das ist gut für mich, denn so bleibe ich hier, in der Gegenwart.

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